Miriam Paeslack – Berlin im 19. Jahrhundert. Frühe Photographie 1850-1914

Miriam Paeslack – Berlin im 19. Jahrhundert. Frühe Photographie 1850-1914

„Berlin ist eine Stadt, deren Bild auf einmalige Weise davon geprägt ist, immerfort zu werden und niemals zu sein.“ Mit diesem programmatischen Satz eröffnet die in Buffalo/USA lehrende Kunstprofessorin Miriam Paeslack ihren fulminanten Bildband über Berlin.

Sie ist in Heidelberg aufgewachsen; ein Teil ihrer Familie lebte in Ostberlin, dadurch hat sie die Geschichte und den Wandel Berlins von Kindheit an miterlebt. Die Faszination von der Stadt blieb, auch als Paeslack ins Ausland ging. Wie sich die Stadtgeschichte in Fotografien spiegelt, interessiert sie besonders. Also ging sie in die Archive und sammelte die frühesten Fotografien der Stadt. Aus einer Zeit, als Berlin – mal wieder – im Wandel war.

Im 19. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl sprunghaft an; die königliche Residenzstadt wurde zur Industriemetropole mit Elendsquartieren. Fotografen dokumentierten diesen Wandel, der sich auch im Stadtbild niederschlug. Ihre Bilder sind durchdachte künstlerische Momentaufnahmen aus einer Zeit, in der das wilde Knipsen noch nicht möglich war. Das macht den Wert dieser Bilder aus. Unwillkürlich setzen sie die Erinnerung und das Kopfkino in Gang. Sie rufen keine romantischen Gefühle hervor nach dem Motto: „Früher war alles schöner“ – nein, sie zeigen, dass das heutige pulsierende Berlin sich tatsächlich immer schon neu erfand. Die ganze Stadt wird zum Sinnbild der Einsicht: Veränderung ist nicht immer schön, aber unvermeidlich.

Gerade angesichts des neu in Beton gegossenen Stadtschlosses bekommen die Aufnahmen eine große Aktualität. Bewegend auch der Wandel in der Berliner Kirchenarchitektur: Fotos zeigen die Sprengung des alten Doms aus dem Jahr 1893, daneben ein Bild, das fünf Jahre danach den imposanten noch eingerüsteten neuen Berliner Dom zeigt. „Die Photographen der Kaiserzeit bringen die Bilder zum Sprechen“, schreibt Miriam Paeslack in ihrem Lesenswerten Vorwort, „sie zeigen nicht nur, wie es war sie zeigen auch, dass sich […] Prozesse und visuelle Muster wiederholen. Damit geben sie der Nachwelt vor allem Denkanstöße.“

Miraim Paeslack: Berlin im 19. Jahrhundert. Frühe Photographie 1850-1914. Verlag Schirmer/Mosel, München 2015, 232 Seiten, 49,80 Euro

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