Katharina Kunter – 500 Jahre Protestantismus
„Was feiert ihr da eigentlich nächstes Jahr?“, fragten mich viele meiner nichtkirchlichen Freunde. Wem meine Antwort nicht reicht, dem werde ich künftig dieses Buch empfehlen: eine gut geschriebene, wundervoll illustrierte Geschichte des Protestantismus. Der sei „keine versunkene und keine verstaubte Welt“, schreibt Autorin Katharina Kunter im Vorwort, „sondern eine, die viel mit unserer heutigen Art zu denken und zu handeln zu tun hat“.
Kunter ist Kirchenhistorikerin, der Protestantismus ist ihr Schwerpunkt, sie forschte in Deutschland, Dänemark und Estland. Was sie von vielen ihrer professionellen Kolleginnen und Kollegen unterscheidet: Sie kann verständlich schreiben, bezieht Position und verliert nicht den Blick fürs Wesentliche. Protestantismus sei „nicht nur eine Sache des persönlichen Glaubens, sondern auch unsere Weltvorstellungen und unsere Kultur- und Wirtschaftsstrukturen sind von ihm mitgeprägt“.
Aus dieser Perspektive lässt das Buch 500 Jahre Protestantismus Revue passieren. Es beginnt mit den Wegbereitern der Reformation: John Wycliff, Jan Hus, Geert Grote, Thomas von Kempen und anderen. Dann erhob der Mönch Martin Luther seine Stimme gegen die Missstände in der Kirche seiner Zeit. Er berief sich auf die Freiheit des Einzelnen, auf die Rechtfertigung allein durch Gott und den Glauben. Im Widerstreit mit der alten Kirche bildete sich das geistliche und geistige Fundament des Protestantismus aus. Es wirkt bis in unsere heutige Zeit und ist durch „ein hohes individuelles Verantwortungsgefühl und konkretes gesellschaftliches Engagement“ ausgezeichnet. Kunter erzählt die Geschichte von fünf Jahrhunderten reformatorischen Bekenntnisses, von Widerstand und Machtkalkül, von Anpassung und unerschütterlichem Glauben – und bietet damit viele Gründe, mitzufeiern im Gedenkjahr 2017.
Katharina Kunter: 500 Jahre Protestantismus. Eine Reise von den Anfängen bis in die Gegenwart. Palm Verlag Berlin 2016, 240 Seiten, mit Abbildungen, 19,95 Euro