Titus Müller – Feuerland. Roman eines Aufstands
Feuerland? Nein, nicht das am Zipfel von Südamerika, da unten kurz vor der Antarktis, am Kap Hoorn. Feuerland wurde vor rund 150 Jahren ein Industrieviertel in Berlin genannt, weil hier die Schornsteine qualmten. Dort lebte – jedenfalls im aktuellen historischen Roman Titus Müllers – ein Mann namens Hannes Böhm. Er ist eine Art selbst ernannter Fremdenführer, verdient sich ein kleines Zubrot, indem er neugierigen Bürgern die Armut und die Not in den Hinterhäusern zeigt. Bei einer solchen Gelegenheit lernt er Alice kennen, die als Tochter des Kastellans im Berliner Stadtschloss wohnt, der Frühlingsresidenz des preußischen Königs. Alice ist schockiert über das Ausmaß der Verelendung – und zugleich tief beeindruckt von Hannes, der voller Ehrgeiz und Fantasie zu sein scheint.
Auf wenige Tage verdichtet stellt Erfolgsautor Titus Müller mit schriftstellerischem Geschick eine der wenigen Revolutionen in Deutschland dar, die nicht völlig scheiterten: den Märzaufstand 1848. Hauptperson Alice steht zwischen zwei Männern, es geht um Liebe und Politik, um Leidenschaft und Standeszugehörigkeit. Und dann gibt es noch den Polizeipräsidenten von Berlin, Julius von Minutoli, und den General Pfuehl, beide historisch reale Figuren.
Die Revolution bringt sie in Gewissensnot. Einerseits sind sie dem preußischen König verpflichtet, andererseits sympathisieren sie mit den neuen Ideen der Demokratie, der Presse- und Versammlungsfreiheit. Zwischen Schloss und Barrikaden: „Feuerland“ schildert eine Geschichte voller Liebe und Abenteuer, minutiös recherchiert, packend und atmosphärisch dicht erzählt. Genau das Richtige für den Sommerurlaub. Und für alle, die hinter die Fassade des Berliner Schlosses blicken wollen, bevor es in der Betonversion wiedereröffnet wird.
Titus Müller: Feuerland. Roman eines Aufstands. Blessing Verlag München 2015, 480 Seiten, 19,90 Euro