Josef Dvorak – Satanismus

Josef Dvorak – Satanismus

Ein katholischer Theologe zelebriert „Schwarze Messen“ und will das Phänomen Satanismus seriös verstehbar machen: Diesem Anspruch wird Josef Dvorak weitgehend gerecht. Trotz seiner eigenen Verflochtenheit in die Okkult-Szene hat sich Dvorak geistige Unabhängigkeit und Kritikfähigkeit bewahrt. Sein bereits 1989 erschienenes Buch gilt als Standardwerk für all jene, die hinter die sensationsheischenden Schlagzeilen blicken wollen.

In den Achtzigerjahren stand Dvorak selbst im Rampenlicht der Öffentlichkeit: Im österreichischen Burgenland und in Bremen zelebrierte er „Schwarze Messen“, die im Fernsehen übertragen wurden und für einigen Wirbel sorgten. Dabei rezitierte er auch den Altmeister der Okkult-Szene Aleister Crowley und dessen satanisches Motto: „Es gibt keine Gnade, es gibt keine Schuld – ‚Tu was du willst‘ ist das Gesetz!“ Ob Dvorak solche „Schwarzen Messen“ als religiösen Akt oder „nur“ als provozierende Aktions-Kunst verstand, bleibt auch nach der Lektüre seines Buches offen.

Leidenschaftlich sucht er nach Erklärungen für die Faszination des Satanismus. Verständlich führt er seine Leser durch das spannende Labyrinth verschiedener Satans-Kirchen und sexualmagischer Kultpraktiken, erklärt unvermutete Verbindungen – zum Beispiel die Einflüsse satanistischen Gedankenguts auf die Nazi-Führungsclique. Auch schildert er den Kontakt des späteren Scientology-Gründers L. Ron Hubbard zum Zirkel um den Satanisten-Guru Crowley. Überzeugend lässt er die Stellung der römisch-katholischen Kirche zum Teufelsglauben seit der frühen Christenheit Revue passieren.

Die Botschaft Dvoraks komprimiert: Weil die Kirche dem Teufel den Stempel des Bösen und der Sünde aufgedrückt hat, wurde den Menschen eine wichtige Möglichkeit zur psychischen Verarbeitung ihrer Lebenswirklichkeit genommen. Die Verdrängung des Teufels habe letztendlich zu geschichtlichen Katastrophen wie dem Nationalsozialismus geführt. Kriminelle Auswüchse der heutigen Satanisten-Szene – etwa rituelle Kindesopfer – seien Verirrungen, der ein verantwortlicher Satanismus, wie ihn Dvorak selbst praktiziert, entgegen steuern könne. Natürlich sind diese Thesen streitbar – bedenkenswert sind sie allemal. Durch die Fülle von Material gibt Dvorak seinen Lesern wichtige Argumente an die Hand und ermöglicht ihnen ein eigenes Urteil.

Josef Dvorak: Satanismus. Heyne, München 2000, 445 Seiten, ISBN 3453172582

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert