Christoph Markschies – Gottes Körper

Christoph Markschies – Gottes Körper

900 Seiten?! Wenn sich’s schnell wegliest – Thriller, Liebe, „Herr der Ringe“ – sind die vielleicht in einer Urlaubswoche zu schaffen. Nicht aber das gigantische Werk des Berliner Kirchenhistorikers Christoph Markschies. Seinem Faible für die Antike hat er bereits in mehreren Büchern Ausdruck verliehen; in Interviews schätze ich seine Kunst, sogar komplizierte theologische Gedankengänge in kürzester Zeit verständlich und oft zudem humorvoll zu formulieren.

„Es waren nicht die Doofsten, die glaubten, Gott ist Person“, sagte er im Deutschlandfunk zu seinem Buch „Gottes Körper. Jüdische, christliche und pagane Gottesvorstellungen in der Antike“ – und fasst damit im bewährten Markschies-Stil sein Anliegen zusammen. Seine Hauptfrage formuliert Markschies im Vorwort: Ob die Vorstellung eines körperlichen Gottes nur Kinderglaube und eine längst überwundene Sich sei oder ob „es auch in der Gegenwart gute Gründe dafür gibt, Gott körperlich zu denken“. Markschies geht es natürlich nicht darum, Bilder von Gott als altem Mann mit weißem Rauschebart zu verfechten. Gott hat keine menschliche Gestalt, aber wird doch von den drei abrahamitischen Religionen nicht körperlos, sondern als Person geschildert und geglaubt. Dies gelte es ernst zu nehmen, auch wenn die neuzeitliche Philosophie und Aufklärungstheologie einen transzendenten, körperlosen Gott beschreibe. „Wenn man alles Leibliche von Gott absondert: so ist Gott ein Nichts“, zitiert Markschies zustimmend den schwäbischen Pietisten Friedrich Christoph Oetinger. Mit der Vorstellung, dass Gott mehr als „reine Geistigkeit“ ist, provoziert Markschies. Wer sie verneint, hat es schwer, „gegen all die vielen körperfeindlichen, körperverachtenden Tendenzen zu agieren“.

Sechs Jahre arbeitete Markschies an seinem Buch, schreib hauptsächlich in Jerusalem, Princeton und Oxford. 900 Seiten. 1,2 Kilo. 5,5 Zentimeter Regalplatz. Dorthin stelle ich es nun quergelesen zurück und freue mich auf regnerische Herbstabende, an denen ich es mir zu Gemüte führen werde.

Christoph Markschies: Gottes Körper, Jüdische, christliche und pagane Gottesvorstellungen in der Antike. C.H. Beck Verlag, München 2015, 900 Seiten, 15 Abb., 48,00 Euro

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