Gerd Meyer: Grenzgänger der evangelischen Kirche
Die Möglichkeiten der neuen Medienwelt verändern auch den Buchmarkt. Wo es bisher Verlagen vorbehalten war, ein Manuskript zu veröffentlichen, tummeln sich jetzt Tausende Autorinnen und Autoren mit Selfmade-Büchern. „Book on demand“ heißt das Zauberwort und meint: Ein Buch wird erst bei Bestellung gedruckt.
Die Folge: Es gelangen auch Bücher zum Lesepublikum, die mangels guter Verkaufserwartungen früher nie gedruckt worden wären. Viele eitle Selbstbespiegelungen und bemühte Geschichten sind erhältlich, die ohne den Filter seriöser Lektorate das Licht der Buchwelt erblicken. Doch die neue Produktionsmöglichkeit bringt auch wichtige Zeitzeugendokumente in die Öffentlichkeit, die erstens Historikern Material zugänglich machen, zweitens interessante, authentische Leseerlebnisse bieten.
Zu dieser Art gehört das Buch des 1933 geborenen Pfarrers Gerd Meyer. Im Ruhestand hat er seine Erlebnisse als „Grenzgänger“ zwischen West- und Ostdeutschland aufgeschrieben. Und die sind ziemlich spannend. Auf höchster Ebene diente der Theologe in den 70er und 80er Jahren der Übermittlung von Nachrichten zwischen den evangelischen Kirchenleitungen in West- und Ostdeutschland. Um abgehörte Telefongespräche und kontrollierte Post zu umgehen, überschritt er unzählige Male die Grenze zwischen West- und Ostberlin und nahm Mitteilungen, Botschaften sowie Aufgaben persönlich entgegen. „Der Einsatz war hoch“, beschreibt er seine brisante Tätigkeit. „Wenn ich geschnappt worden wäre, hätte ich selbst zusehen müssen, wie ich klarkomme.“ Noch riskanter war seine Organisation von Material- und Büchertransporten im großen Stil über die innerdeutsche Grenze. „Taube“ war sein Deckname, den die DDR-Kirchenverantwortlichen kannten. Nicht einmal seine Familie weihte er damals in seine Geheimtätigkeit ein.
Heute, 25 Jahre nach dem Mauerfall, erzählt er erstmals Einzelheiten. Und gewährt auch Nachgeborenen Einblick in die Zeit, als Deutschland von einer Mauer durchtrennt war.
Gerd Meyer: Grenzgänger der evangelischen Kirche. Verlag Pro BUSINESS, Berlin 2014 (book on demand). 128 Seiten, 12,90 Euro