Jens Böttcher – Herr Sturm und die Farbe des Windes

Jens Böttcher – Herr Sturm und die Farbe des Windes

„Besonderer Auftrag für interessierten Schriftsteller, der mit der Löschtaste umgehen kann. Exquisites Honorar“. Auch ich hätte auf diese Anzeige reagiert. So wie mein fiktiver Kollege Richard Sturm. Als erfolgloser Autor hangelt der sich durchs Leben. Doch dann sieht er eben diese Annonce, kontaktiert den Auftraggeber – und nimmt dessen ungewöhnliches Angebot an.

Zwölf Menschen soll er über den Glauben befragen und darüber ein Buch schreiben. Sturm lernt berückende Menschen kennen: unter anderem einen Religionsphilosophen und ein St.-Pauli-Original, einen Krishna-Meister und einen Berliner Ufo-Gläubigen. Er findet sich wieder in einem menschelnden Panoptikum von weisen Gelehrten, Lebenskünstlern und tragischen Gestalten.

Die Gespräche wühlen Sturm auf und spülen so schöne wie schuldbeladene Erinnerungen an Tutu hoch, die verlorene Liebe seines Lebens. Am Ende erhält Richard Sturm ein nahezu himmlisches Geschenk und versöhnt sich auf wundervolle Weise mit einigen Holprigkeiten seines Lebens.

Dem seit Jahren kreativ umtriebigen Musiker und Komponisten, Filmemacher und Schriftsteller Jens Böttcher ist ein literarisches Kunstwerk gelungen, das ihn in die Oberliga der deutschen Autoren katapultiert. Feinfühlig und humorvoll nähert er sich dem Glaubensthema, an dem schon viele Erzähler gescheitert sind – entweder durch Missionierungseifer oder Oberflächlichkeit. Böttchers Buch ist eine hinreißende Hommage an den christlichen Glauben und das Mysterium der Liebe, poetisch und von großer Menschenliebe durchtränkt. Wohldurchdacht schickt Böttcher seine staunenden Leserinnen und Leser auf einen Parcours ins Innere der eigenen Glaubenswelten. Das ist unterhaltsam, bewegend und tröstlich und zudem enorm klug.

 

Jens Böttcher: Herr Sturm und die Farbe des Windes. Eine fabelhafte Reise in die Welt des Glaubens. SCM Medien, Holzgerlingen 2015. 400 Seiten, 17,95 Euro

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