Margot Käßmann (Hg.) – Das Leben reimt sich nicht
Herz reimt sich auf Schmerz, schon klar, und die güldene Sonne auf Freud und Wonne. Tiefgehende Gedichte sind anders. Deren Maßstab beschreibt Margot Käßmann so: „Sie ignorieren nicht die Brüche im Leben, sondern vertiefen gerade das, was nicht glatt daherkommt […] Ohne ängstlich zu sein oder zu beängstigen, machen sie deutlich: Das Leben reimt sich nicht.“
85 Gedichte hat die Theologin gesammelt; aus weiblicher Sicht beleuchten sie das Glück und die Sehnsucht, das Leben und Lieben. Jedes für sich ist eine Perle. Else Lasker-Schüler ist dabei: „Es ist ein Weinen in der Welt / Als ob der liebe Gott gestorben sei…“ Hilde Domin, natürlich: „Man muss weggehen können / und doch sein wie ein Baum: als bliebe die Wurzel am Boden, als zöge die Landschaft / und wir ständen fest.“ Lyrik unbekannter und bekannter Autorinnen wie Ulla Hahn, Ilse Aichinger und Eva Strittmatter finden sich, auch von Ingeborg Bachmann, Nelly Sachs und Mascha Kaléko.
Zurück reicht die Sammlung bis zu den mystischen Gedanken der Hildegard von Bingen: „Ich bringe die Tränen hervor, den Duft heiligen Werkes / Ich bin die Sehnsucht nach Gott.“ Die Gedichte Gioconda Bellis bringen lateinamerikanische politische Impulse. Und immer wieder die Lyrik Dorothee Sölles: „Gib mir die Gabe der Tränen, Gott / gib mir die Gabe der Sprache.“ Und dann ist da noch Luise Hensels Schlafpoem: „Müde bin ich, geh zur Ruh, schließe meine Augen zu…“ Da reimt es sich dann doch und ist trotzdem schön
Auch äußerlich ist das Frauengedichtbuch ein Schmuckstück: Halbleinen, Lesebändchen – und ziemlich schöne, weil unkitschige Bilder der im Schwarzwald lebenden Künstlerin Panka Chirer-Geyer. Und wer lieber hören mag: Für die Hörbuchversion hat Schauspielerin Szanne von Borsody eine Auswahl der Gedichte gelesen.
Margot Käßmann (Hg.): Das Leben reimt sich nicht. Frauengedichte. Mit Bildern von Panka Chirer-Geyer. Herder Verlag 2016. 176 Seiten, 19,99 Euro, Hörbuch: 19,99 Euro