Who is Who der Wittenberger Schlosskirche
Was wohl nachts hinter den Türen der Wittenberger Schlosskirche lost ist? Wilder Trubel: All die ehrwürdigen gestalten, die dort auf Medaillons, Gemälden, Glasfenstern oder als Standbild dargestellt sind, werden lebendig: „Philipp Melanchthon unterhält sich mit der Heiligen Katharina und Ulrich von Hutten mit Friedrich dem Weisen. Hans Sachs trägt sein neuestes Gedicht zum Ruhm der Wittenbergisch Nachtigall vor. Und schließlich greifen Martin Luther und Justus Jonas zur Laute und lassen ihre reformatorischen Lieder erklingen.“
So stellt es sich Pastorin Hanna Kasparick vor, die als Direktorin des Predigerseminars für die gerade frisch renovierte Kirche mitverantwortlich ist. Zu lesen ist die nette Vision , fast wie im Film „Nachts im Museum“, in einem neuen Buch, das alle 61 in der Schlosskirche abgebildeten Männer und Frauen prträtiert, in Wort und Bild. Auch ein echter Brandenburger ist in der „Ruhmeshalle des Protestantismus“ verewigt: Von einem Medaillon, ziemlich nah an Altar und Kaiserstuhl, blickt Joachim II. hinab; der Kurfürst hatte 1539 die Reformation in Brandenburg eingeführt. Die jüngste aller Schlosskirchengestalten ist in Öl gemalt und hat lange in Berlin gewirkt: Johann Hinrich Wichern. Er rief 1858 hier in einer mitreißenden Rede die evangelischen Kirchen dazu auf, tätige Nächstenliebe zu üben und wurde zum Vater der Diakonie.
Bei der feierlichen Wiedereröffnung der Schlosskirche besuchte allerhand Prominenz den Gottesdienst. Die gestalten der Schlosskirche waren wieder in museale Starre verfallen, als man sie im Fernsehen zu sehen bekam. Doch in der folgenden Nacht hatten sie sicherlich viel Neues zu tratschen. Sie sind ja auch nur Menschen.
Who is Who der Wittenberger Schlosskirche. Hg. v. d. Ev. Wittenbergstiftung, Lutherstadt Wittenberg 2016. 176 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 14,95 Euro. Erhältlich über www.evangelische-wittenbergstiftung.de. Das Buch ist auch in englischer Sprache erschienen.